Belohnung bei Kindern – lohnt sich das überhaupt?

Bei uns ist „trocken werden“ nach wie vor ein grosses Thema. Nicht, weil Rabauke langsam Interesse zeigt oder weil ich jetzt doch finde, dass das klappen muss (warum das so eh nicht funktionieren würde, liest du hier). Sondern weil das liebe Umfeld der Meinung ist, es wäre jetzt an der Zeit.

Erst vor Kurzem hat mir eine Bekannte den ultimativen Tipp gegeben, wie wir Rabauke trocken bekommen. Wir sollten ihm einfach jedes mal nach erfolgreichem Toilettengang eine Belohnung in Aussicht stellen, in Form eines hübschen Stickers. Klingt toll, oder? Weil, wer würde nicht gerne nach jedem „Bisi“ ein „Chläberli“ aufkleben? 

Nun sehe ich das mit der Belohnung aber eher kritisch. Denn was passiert, wenn die Belohnung plötzlich wegfällt? Oder das gewünschte Verhalten doch nicht gezeigt wird? Ist denn der Entzug einer Belohnung nicht gleichzusetzen mit einer Bestrafung?

Mein Kind bekommt jedenfalls nichts fürs Pinkeln. Weder einen Sticker, noch ein Schöggeli und auch keinen Orden. In diesem Artikel möchte ich dir erläutern warum und wieso ich der Meinung bin, dass Belohnungen auf Dauer nichts bringen.

Was macht die Belohnung im Gehirn?

Eine Belohnung bzw. bereits die Aussicht darauf, verursacht ein Gefühl der Freude. Im Gehirn wird, unter anderem, das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Die Aussicht, nach erfolgreicher Arbeit (sei es das Zimmer aufräumen oder aufs WC zu gehen) diese Belohnung zu bekommen, motiviert das Kind.

In unserem Beispiel wären das jetzt die Sticker. Rabauke ist motiviert, sich auf den Topf zu setzen und zu warten, weil er eines dieser begehrten Bilder haben möchte. Seine Motivation kommt in diesem Moment von aussen, extrinsische Motivation genannt. Der Toilettengang ist dabei nur Mittel zum Zweck um an die begehrte Belohnung zu kommen. Rabauke hat weder das Gefühl für seinen Körper entwickelt noch verstanden, warum er genau aufs WC soll. Dieser Weg führt zwar (fast immer) zum Erfolg, die Freude darüber wird aber meistens nur von kurzer Dauer sein. Denn Rabauke hat nicht gelernt, worum es in dieser Übung geht. Nämlich um seinen Körper und dessen Funktionen. Was er aber sehr wahrscheinlich verstanden hat, ist dass, wenn er ein gewünschtes Verhalten an den Tag legt, er etwas dafür bekommt.

Eine Belohnung für den Toilettengang scheint mir der falsche Weg.

Und hier sind wir bereits beim nächsten Problem. Unser Gehirn mag diese Glücksstimulation und freut sich natürlich, über viele Reize. Weitere Belohnungen müssen also her. Am besten immer mehr und immer grösser. Was einmal bei einem kleinen Schokoriegel begonnen hat, kann in einer Schokotorte enden. Oder in Tränen, Wut und Enttäuschung, weil wir aus dem Spiel aussteigen wollen.

Was passiert nun, wenn ich die Sticker wegfallen lasse? Entweder habe ich Glück und mein Kind hat sich bis dahin so entwickelt, dass er spürt, wann etwas kommt. Aber auch da wird es schwierig, ihm zu erklären, warum er jetzt keine materielle Anerkennung mehr bekommt. Oder ich wechsle 10 mal am Tag seine Klamotten und frage mich, warum es nicht mehr funktioniert.

Motivation von innen

Im Gegenzug zur oben genannten extrinsischen Motivation, also der von aussen kommenden, gibt es auch die intrinsische. Diese Motivation kommt von innen, also vom Kind selber. Rabauke geht auf Toilette, sobald er bereit dazu ist, ein Kind lernt seinen Namen zu schreiben, wenn es die nötigen Fähigkeiten dazu entwickelt hat, etc. Bei dieser Art der Motivation muss ich mich oftmals in Geduld und Vertrauen in mein Kind üben, kann dafür sicher sein, dass es am Ende auch verstanden hat, worum es geht. Kinder wollen lernen. Und Kinder werden lernen. Mit der nötigen Zeit und Verständnis brauchen sie keine Verstärkung unsererseits, um gewisse Verhaltensweisen „anzutrainieren“.

Denn durch Belohnungen werden die ureigene Kreativität und Wissbegierde, die Kinder haben, eingedämmt. Die Folgen davon können Passivität und Unselbständigkeit sein. Eigentlich das genaue Gegenteil, dass wir erreichen möchten, nicht?

Und was ist die Alternative?

Kinder sind von Natur aus wissbegierig und wollen lernen. Dafür braucht es keine Belohnungen.

Die schlechte Nachricht vorweg: eine einfache Alternative zu Belohnungen gibt es nicht. Es muss ein grundlegendes Umdenken der Erziehung statt finden. Denn nur, wenn wir unserem Kind auf Augenhöhe begegnen, seine wie auch unsere Bedürfnisse wahrnehmen und ausdrücken, können wir einen anderen Weg gehen. Wir dürfen unseren Kindern gewisse eigene, auch negative Erfahrungen zutrauen, denn daraus lernen sie ganz ohne Belohnungen oder sogar Bestrafungen. Wie bereits erwähnt, Kinder WOLLEN lernen und das werden sie auch, ganz ohne unsere positive Verstärkung. Das Wichtigste dabei ist, dass wir unseren Kindern gute Vorbilder sind, ihnen Werte vorleben und ihnen Vertrauen und Geduld engegenbringen.

Wie denkst du zum Thema Belohnungen? Belohnst du dein Kind? Wenn ja, wann und aus welchen Gründen? Oder warum nicht? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

Deine

Corina

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Corina

3 Gedanken zu „Belohnung bei Kindern – lohnt sich das überhaupt?

  1. Mein Sohn ist aus diesem Alter mittlerweile lang raus. Doch ich habe ich damals auch bewusst nicht belohnt. Er hat länger gebraucht und manchmal war das anstrengend für mich, doch er hat es gelernt. Ich bin auch rückblickend der Meinung, dass es gut war wie es war. Jedes Kind entwickelt sich in seinem Alter. Trockenwerden interessierte ihn wenig, dafür Bewegung und sprechen. Jedes Kind ist individuell und einzigartig. Das genau ist das Wunderbare!

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