An einem schönen Frühlingstag sitzen ein paar Mütter im Schatten der Bäume, die Kinder spielen im Sandkasten und die Frauen geniessen die Ruhe. „Das sollten wir morgen wieder machen“, meint die Erste. „Auf jeden Fall“, so die Zweite. „Kommst du morgen auch wieder?“ fragt die Erste die Neue in der Runde. „Morgen kann ich leider nicht, da arbeite ich. Wir haben nur Mittwochs und Freitags frei.“ „Du bist berufstätig? Und dann auch noch so viel? Das könnte ich NIE! Da hast du ja überhaupt keine Zeit mehr für dein Kind“, empört sich Mutter 1. M2 nickt bestätigend. Und die Neue verstummt. Sagt nichts mehr und führt gleichzeitig einen inneren Kampf gegen die Tränen.
Berufstätig & Mutter
Natürlich, ihr ahnt es bereits. Ich war die berufstätige Mutter, die keine Zeit für ihr Kind hat. Am Abend war ich immer noch total aufgewühlt. Stimmt es? Habe ich wirklich zu wenig Zeit für mein Kind? Sollte ich vielleicht weniger arbeiten? Könnten wir es uns überhaupt leisten, dass ich weniger arbeite?
Wie viel dürfen Mütter eigentlich arbeiten, um eine gute Mutter zu sein? Und wer legt das fest?
Eine berufstätige Mutter gibt Antworten
So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf. Ich dachte mir, dass Beste wäre, wenn ich mit einem Profi über dieses Thema sprechen könnte. Deshalb habe ich mein sarkastisches Karriere-Ich um ein Interview gebeten und es hat spontan zugesagt.
Liebe Corina, herzlichen Dank, dass du heute da bist. Du bist also berufstätig und Mutter?
Hallo, danke, dass ich da sein darf. Ja genau, ich arbeite mittlerweile 3.5 Tage pro Woche als stellvertretende Kita-Leitung und schreibe nebenher einen Blog. Mein Sohn ist jetzt 3 Jahre alt.
Phu, das hört sich nach ziemlich viel Arbeit an. Wie meisterst du das alles?
Es geht nichts über die richtige Organisation. Mein Kind hat früh gelernt, selbständig zu sein. Er weiss, wie man Kaffee kocht und Brötchen holt. So kann ich am Morgen immer in Ruhe duschen und mir Zeit für mich nehmen. Me-time und so, du weisst schon. Den Haushalt überlasse ich komplett meinem Mann. Ist ja nicht allzu viel, das schafft er gut alleine. So kann ich auch mal ein bisschen länger bei der Arbeit bleiben.
Oh, das hört sich an, als ob du ein tolles System entwickelt hast. Doch wo bleibt da die gemeinsame Zeit mit deinem Sohn?
Der kommt nicht zu kurz. Ich achte darauf, dass ich jeden Tag exakt 15 Minuten mit ihm spiele. Quality-Time, you know. Und am Wochenende schauen wir gemeinsam einen Film. Ausserdem darf er am Sonntagmorgen auch immer zu mir ins Bett kommen. Also ab 10.00 Uhr, weil ich will ja ausschlafen.
Hört sich fair an. Denkst du, du bist eine gute Mutter?
Ja aber klar doch. Ich kaufe meinem Sohn jede Woche ein neues Spielzeug und einmal im Monat fahre ich ihn zu Mc Donalds. Das können wir uns bloss leisten, weil ich arbeite. Ausserdem bin ich, dank meiner Arbeit, viel ausgeglichener, als wenn ich nur zu Hause rumsitzen würde. Das überträgt sich natürlich auch aufs Kind, denn eine entspannte Mutter ist eine gute Mutter.
Neben all der Arbeit, vermisst du da nicht manchmal auch den Austausch mit anderen Müttern? Auf dem Spielplatz zum Beispiel?
Nicht wirklich, Gespräche über Kinder, vor allem wenn’s nicht meins ist, langweilen mich sehr schnell.
Was denkst du über Mütter, die zu Hause bleiben und sich um Haushalt und Kinder kümmern?
Das ist für mich ein absolutes No Go. Nur zu Hause zu sein und sich um die Kinder kümmern macht einen auf Dauer unglücklich. Und was macht frau, wenn die Kinder im Kindergarten sind? Nein, keine bezahlte Arbeit zu haben ist für mich undenkbar.
Und könntest du dir vorstellen noch mehr zu arbeiten?
Nein, auf keinen Fall. Vollzeit zu arbeiten kann man sich als Mutter nicht erlauben. Da würde ja jegliche Zeit fürs Kind fehlen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum frau Kinder in die Welt setzt, um danach voll zu arbeiten. Das ist für mich genau so unvorstellbar wie nicht zu arbeiten. Eine gute Mutter arbeitet Teilzeit, also mindestens 2 allerhöchstens aber 3.5 Tage pro Woche.
Vielen Dank für deine ehrlichen Antworten. Ich wünsche dir alles Gute, liebes sarkastisches Karriere-Ich.
Nicht nur schwarz und weiss
Mein sarkastisches Ich hat eine sehr klare Vorstellung einer guten Mutter. Doch so einfach ist es nicht. Es gibt kein schwarz und kein weiss. Jede Mutter will die beste Mutter für ihr Kind sein. Gewisse finden Erfüllung im Mami-Leben und möchten nichts anderes, andere geniessen die Vorzüge einer Teilzeit-Anstellung und wieder andere arbeiten gerne Vollzeit. Jede Familie ist anders und hat andere Bedürfnisse. Auch der finanzielle Aspekt darf hier nicht aussen vorgelassen werden. Mein Einkommen trägt maßgeblich zur Haushaltskasse bei.
Ich bin eine gute Mutter. Ich liebe mein Kind und er steht für mich immer an erster Stelle. Trotzdem geniesse ich die Zeit ausser Haus und die Gespräche mit anderen Erwachsenen (auch wenn es sich berufsbedingt oftmals um Kinder handelt 😉 ).
Ich möchte dir mit diesem völlig fiktiven Interview bloss aufzeigen, mit welchen Klischees und Rollenbildern Frauen auch heute noch zu kämpfen haben.
Liebe Mamis da draussen, bitte hört auf über andere zu urteilen. Wir sind alles gute Mütter, auch wenn wir nicht das gleiche Modell leben.
Wir sind alles Frauen, die zusammen halten sollten, die sich gegenseitig unterstützen sollten. Mach den Anfang und reich deine Hand einem anderen Mami. Denn zusammen sind wir stark und können noch so viel bewegen (ein gutes Beispiel findest du hier).
Bist du berufstätig und musstest dir auch schon ähnliche Aussagen anhören? Oder bist du zu Hause und wurdest deshalb schon schief angeschaut? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
Deine
Corina
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Was für ein wundervoller Beitrag. Ich mag diesen Humor sehr.
Vor allem liegt es mir auch sehr am Herzen, dass wir unsere Vielfalt und Einzigartigkeit genauso anerkennen. Das wir alle uns als gleichwertig ansehen. Es kann so schön sein, wenn jede sich ihres Wertes bewusst ist und wir auf Konkurrenz und Vergleich verzichten können.
Genau,vielen Dank. So viel Energie, die wir ins Konkurrieren investieren. Obwohl wir sie doch auch für etwas Besseres verwenden könnten.
Liebe Corina,
ich habe beim Lesen sehr geschmunzelt. 🙂 Gehöre zu der Vollzeitarbeitmuttifraktion und kenne ALLE Vorurteile. Aber ist mir ziemlich wurscht, was andere darüber denken. Was gar nicht geht, ist das Lebensmodell anderer Mütter herabzusetzen und sich dadurch besser zu fühlen. Jede wie sie mag.
Liebe Grüße,
Simone
Liebe Simone
DAS glaube ich dir. Dabei ist es so egal, jede wie sie möchte. Und trotzdem trafen mich solche herablassenden Äusserungen gerade am Anfang sehr.
Dabei wäre doch Leben & Leben lassen so einfach. 🙂
Liebe Grüsse zurück
Corina