Entschuldigung ohne Zwang: Wie Kinder nach Konflikten Verantwortung lernen

Nach einem Konflikt werden Kinder oft dazu aufgefordert sich zu entschuldigen. Meine Kinder erzählten mir, dass in der Schule und im Kindergarten oftmals von ihnen erwartet wird, dass sie ihrem Gegenüber dabei in die Augen schauen und sich die Hand geben. Diese Forderung ist für viele Kinder und Jugendliche problematisch und pädagogisch überhaupt nicht sinnvoll. In diesem Artikel erfährst du, warum solche Vorstellungen Stress erzeugen und wie wir stattdessen authentische Verantwortung und Wiedergutmachung fördern können, ohne eine Entschuldigung zu erzwingen.

Warum erzwungene Entschuldigungen scheitern

Eine authentische Entschuldigung setzt die Fähigkeit zur Empathie und zum Perspektivwechsel voraus, die sich bei Kindern noch in der Entwicklung befindet. Wird ein Kind zu einer Entschuldigung gezwungen, lernt es nicht, die tatsächlichen Konsequenzen seines Handelns zu verstehen und zu verarbeiten. Stattdessen lernt es lediglich, den Anweisungen zu folgen, um schnell aus einer unangenehmen Situation zu entkommen.

Der Konflikt und die Reaktion des Nervensystems

Konflikte lösen im Körper eine starke Stressreaktion aus und aktivieren das autonome Nervensystem. Dies führt zu intensiven Gefühlen wie Scham oder emotionaler Überwältigung. Viele Menschen reagieren in diesem Zustand mit einem instinktiven Schutzmechanismus: Sie starren einen Fixpunkt an, weichen dem Blick aus oder verspüren den starken Drang, sich zurückzuziehen („Loch aufmachen und verschwinden“). Dies ist eine natürliche Regulationsstrategie.

Wenn also schon Erwachsene in diesen Stressmomenten reflexartig den Blickkontakt meiden, ist es dann nicht unrealistisch und unfair, dies von einem Kind zu fordern, dessen emotionale Regulation noch gar nicht ausgereift ist?

Konflikte lösen durch Begleitung

Mit diesem Wissen können wir die Konflikte unserer Kinder auf eine andere Art und Weise begleiten. Anstatt Zwang auszuüben, legen wir den Fokus auf Co-Regulation und die Wiederherstellung der Beziehung.

1. Raum geben und Co-Regulation fördern

Nach einem Konflikt gilt es als erstes Druck herauszunehmen. Schaffe Sicherheit, trenne die Konfliktparteien und biete ihnen einen Rückzugsort an, um sich zu beruhigen.

Sätze, die du sagen kannst:

„Ich sehe, du bist sehr aufgewühlt / traurig / wütend. Gehe erst einmal in die Ruhe-Ecke / aufs Sofa / ins andere Zimmer. Ich bin bei dir, wenn du mich brauchst.“

Gewisse Kinder möchten in solchen Momenten alleine sein. Dies gilt es zu respektieren. Allerdings ist es auch wichtig, mit dem Kind (innerlich) in Verbindung zu bleiben. Teile dem Kind mit, wo du dich befindest und dass es dich rufen / zu dir kommen kann, wenn es dich braucht.

2. Dem Konflikt auf den Grund gehen

Sobald das Kind ruhiger ist, können wir dem Konflikt auf den Grund gehen. Hilf deinem Kind dabei, seine Gefühle zu verbalisieren: „Du warst wütend/frustriert, weil…?“

Sprich mit ihm über sein Verhalten und hilf ihm, die Ursache für den Konflikt zu finden. Oftmals stecken hinter diesen Streitereien unerfüllte Bedürfnisse. Diese gilt es aufzudecken.

Entschuldigungen unter Zwang stören die Verbindung zu unseren Kindern.

3. Die Beziehung reparieren

Wenn Gefühle richtig erkannt und benannt werden und die unerfüllten Bedürfnisse aufgedeckt, fällt eine Entschuldigung für das eigene Verhalten bereits viel leichter. Frage dein Kind, ob es sich nun entschuldigen möchte. Falls es noch nicht bereit ist, ist das absolut in Ordnung. Als Alternative biete ich meinen Kindern auch an, mich an ihrer Stelle beim anderen Kind zu entschuldigen.

Verständnis ist die beste Entschuldigung

Kinder beharren selten auf dem Konzept der Entschuldigung. Viel wichtiger ist es für sie, dass jemand da ist, der ihren Schmerz und ihre Bedürfnisse wahrnimmt und ausspricht. Kinder wollen sich verstanden und respektiert fühlen – genau wie wir Erwachsenen.

Indem wir ihre Gefühle spiegeln, schaffen wir die notwendige Grundlage für Selbstregulation und die Bereitschaft zur Wiedergutmachung. Eine Entschuldigung kommt dann aus tiefer Einsicht und Verbundenheit, nicht aus Zwang.

Möchtest du wissen, wie du dein Kind beim Benennen seiner Gefühle weiter unterstützen kannst? Dann findest du in diesem Artikel alles weitere – inkl. Gefühlsreise zum Ausdrucken.

Deine

Corina

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Eltern tragen dazu bei, Kindern ein konstruktives Lösen von Konflikten vorzuleben.

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Corina

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