Mehr Verbundenheit im Alltag – das Spiel mit der Zeit

Wir sitzen am Tisch. Das Kind und ich. Mittagszeit. Das Essen liegt vor mir auf dem Teller, aber ans Essen mag ich gerade nicht denken. In meinem Bauch grummelt es gerade schon genug.

Ich bin explodiert. Kurz vor dem Essen hat’s mir „den Nuggi usegjaggt“. Warum? Weil ich müde bin. Und gestresst. Weil ich gerade überhaupt keinen Raum hatte, um meine Wut zu spüren, bevor sie sich in einem regelrechten Sturm entlud. Und was war der Auslöser? Ich wollte, dass das Kind beim Mittagessen vorbereiten hilft. Das Kind wollte nicht. Ich wolle aber schon. Und nach dem es auch nach dem dritten Mal bitten, nicht wollte, hat’s mich „vertästscht“. „Ich bin so stink-furz-hässig! Heute gibt’s ganz bestimmt keinen Film mehr!!!“ hab ich geschrien.

Und jetzt sitze ich da und fühle mich schlecht. Ironischerweise habe ich heute Morgen in meinem Resilienz-Kurs mit den Kindern thematisiert, wie man mit seinen Gefühlen konstruktiv umgehen kann. Naja, SO ganz bestimmt nicht.

Nun gut, jetzt ist es passiert. Ich könnte mich entschuldigen. Mein Fernseh-Verbot zurücknehmen, weil eigentlich habe ich mich mindestens genauso auf den Film gefreut, wie das Kind. Aber was dann? Reicht eine Entschuldigung und alles ist wieder gut? Irgendwie fühlt sich das noch nicht richtig, nicht genug an.

Neue Wege finden und gehen

„Du, Kind…“

„Jaaaaaa?“

„Das vorhin war ja jetzt gerade nicht so genial. Es tut mir Leid, dass ich dich angeschrien habe. Meinst du, wir könnten das nochmals machen? Also könnten wir die Situation nochmals spielen, einfach diesmal ohne meinen Wut-Sturm? Ich glaube, ich kann das nämlich besser.“

Kind schaut mich fragend an. „Also, du willst mich nochmals um Hilfe bitten?“

„Ja genau. Kannst du dich wieder da hinsetzen?“ Das Kind folgt meinen Anweisungen und setzt sich so hin wie vorher. Ich beginne also erneut. „Kind, hilf mir bitte beim Mittagessen. Dann sind wir schneller fertig.“ „Nein.“ „Doch, ich brauche deine Hilfe, sonst schaffe ich das nicht rechtzeitig. Wir müssen nach dem Essen weiter und ich muss noch einiges erledigen.“ „Neeeeein, ich habe keine Lust.“ „Kind, in meinem Bauch fängts schon wieder an zu Rumoren. Ein Wut-Sturm braut sich zusammen. Ein Teil von mir ist schon mega hässig.“

Das Kind schaut mich an. Es überlegt kurz. „Hey Mami, du hast uns doch heute Morgen gezeigt, was wir machen müssen, wenn wir merken, dass sich ein Wut-Sturm in uns zusammenbraut. Komm, mach mal dein bösestes Gesicht. Dann weiss ich Bescheid.“ Ich schaue das Kind böse an. „Sehr gut Mami. Und jetzt musst du hüpfen. Los, auf einem Bein. Hüpf solange, bis der Wut-Sturm vorbei ist.“ Wir hüpfen beide durch die Küche, bis wir vor Lachen am Boden liegen.

„Danke Kind. Ich glaube, der Sturm ist jetzt vorbei. Sag mal, gibt es etwas, bei dem du mir gerade helfen würdest? Salat schneiden, Tisch decken, Brötchen streichen, irgendetwas? Über jede kleinste Hilfe wäre ich sehr, sehr froh.“

„Schneiden? Mit dem Messer? Ja, das könnte ich allerdings. Ich schneide den Salat. Sag mal, heute Abend schauen wir noch einen Film, gäll?“

Auf jeden Fall. Das haben wir doch heute Morgen schon abgemacht. Heute Abend machen wir uns einen schönen Kino-Abend.“ Nachdem auch das geklärt ist, setzen wir uns zurück an unsere Plätze am Tisch. Jetzt haben wir beide Hunger.

Kleine Veränderungen für mehr Verbundenheit

Wir können die Zeit nicht wirklich zurückdrehen. Aber manchmal hilft es, so zu tun als ob.

Warum ich das hier teile? Weil wir nicht perfekt sein müssen. Wir dürfen auch als Eltern Fehler machen. Und ja, es ist wichtig, dass wir uns entschuldigen. Aber manchmal reicht eine Entschuldigung alleine nicht aus. Fehler rückgängig machen können wir zwar auch nicht. Aber wir können kleine Dinge verändern, um den Alltag leichter und verbundener zu machen.

Was denkst du? Wie reagiert dein Kind, wenn du plötzlich anfängst die Zeit zurückzudrehen? 😉 Ich freue mich auf deinen Kommentar.

Falls du dein Kind auch für einen Resilienz-Kurs anmelden möchtest, dann melde dich gerne bei mir. Ich sende dir alle Infos dazu. Der nächste findet am 5. Juli in Rotkreuz ZG statt. Wenn du dein Kind beim Ausdrücken von Gefühlen unterstützen möchtest, dann schau dir meine Tipps dazu hier an.

Viel Spass beim Spielen mit der Zeit.

Deine

Corina

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Elterliche Wut ist unangenehm. Aber sie darf sein. Die Frage ist nur, wie wir mit ihr umgehen.
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Corina

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